BE YOU AGAIN! Jugend sucht Beratung
Mit dem neuen Angebot der Jugendsuchtberatung kann die KJF-Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern Rottal-Inn jungen Menschen noch besser zur Seite stehen.
Belastungen für junge Menschen haben gerade in Zeiten von Corona stark zugenommen. Gleichzeitig sind viele bewährte Bewältigungsstrategien weggefallen. Wenn man Sorgen, Ängsten, Selbstzweifeln, Stress, Perspektivlosigkeit nicht mehr wie gewohnt begegnen kann – beispielsweise über persönliche Gespräche mit Freundinnen und Bekannten, Sport oder andere Hobbys in der realen Welt –, ist der Griff zu psychoaktiven Substanzen wie Drogen oder Alkohol nicht weit. Viele tauchen auch in der virtuellen Welt ab, um über Online-Spiele, Social Media oder Binge Watching ("Komaglotzen") dem Druck und dem, was man nicht aushält, zu entgehen.
War die Herausforderung, als junger Mensch den für sich richtigen Weg zum Erwachsenwerden herauszufinden, schon vorher schwierig genug, ist dieser Entwicklungsprozess seit zwei Jahren zu einer noch größeren Herausforderung geworden.
Im Landkreis Rottal-Inn hat man dieses Problem und den damit verbundenen großen Bedarf an Hilfestellung erkannt. Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, die Polizei, das Gesundheits- und Jugendamt, die Jugendgerichtshilfe, Streetwork-Experten, Jugendsozialarbeiterinnen und Jugendsozialarbeiter an Schulen waren sich einig, dass hier etwas passieren muss. Da die bereits bestehende Suchtberatung nur Erwachsene beraten darf, empfahl der Suchtarbeitskreis Rottal-Inn, ein Beratungs- und Hilfeangebot auch für Jugendliche zu etablieren. Dank des Landkreises Rottal-Inn mit seinem Landrat Michael Fahmüller und eines Beschlusses des Jugendhilfeausschusses gibt es nun eine Fachstelle mit 20 Wochenstunden. "Be you again! Jugend sucht Beratung" ist nun der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern Rottal-Inn der Katholischen Jugendfürsorge Regensburg angegliedert und wird vom Landkreis Rottal-Inn finanziert.
Be you again! Das Ziel der neuen Jugendsuchtberatung
Mit Bastian Costachel-Baksa startete das neue Beratungsangebot zum 1. November 2021.
Der 38-jährige Diplom-Sozialpädagoge ist nicht nur ein Experte in seinem Fach, sondern dürfte auch mit seinen Hobbys wie Musik hören, machen, aufnehmen und abmischen, Filme und Serien gucken, Podcasts hören, Brettspiele und Gaming junge Menschen leicht für sich einnehmen.
Bei BE YOU AGAIN! geht es für Jugendliche darum, herauszufinden, wer sie wirklich sind, welches Potenzial in ihnen steckt und wie sie am besten ihr Selbst leben, ohne sich betäuben oder dauernd ablenken zu müssen. "Süchte gibt es viele. Dazu zählen Medien und Spielsucht, Essstörungen wie Magersucht, Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Alle diese Themen betreffen junge Leute inzwischen oftmals schon an der Schwelle von der Kindheit zur Jugend", führt Dr. Joachim Weiß, Leiter der Beratungsstelle, aus.
Welchen Süchten unterliegen junge Menschen besonders?
Während das Einstiegsalter bei Tabakkonsum in den letzten Jahren gestiegen ist, sank es im Bereich des Alkoholkonsums in den letzten Jahren deutlich. Kinder versuchen sich meist schon mit ca. elf Jahren zum ersten Mal an alkoholischen Getränken. Alkoholsucht ist dann auch die am meisten verbreitete Sucht bei Jugendlichen, dicht gefolgt von der Abhängigkeit von Cannabis und Nikotin.
Innerhalb der illegalen Substanzen ist Cannabis die mit Abstand am häufigsten verwendete Droge. Mehr als jeder zehnte 12- bis 17-Jährige (10,4 Prozent) konsumiert regelmäßig Cannabis. Bei jungen Erwachsenen steigt der Anteil sogar auf fast die Hälfte (46,4 Prozent). "Harter Stoff" wie synthetische Drogen, Amphetamine oder LSD werden weit weniger eingenommen, allerdings ist auch hier der Konsum in den letzten Jahren gestiegen.
Nicht stoffgebundene Süchte wie Gaming, Social Media und Internet hatten bereits in den letzten Jahren stark zugenommen, in Corona-Zeiten verstärkte sich diese Entwicklung massiv.
Das Angebot von BE YOU AGAIN! Jugend sucht Beratung
Das neue Beratungsangebot wendet sich an Jugendliche unter 18 Jahren, aber auch an Eltern, die sich diesbezüglich Sorgen um ihre Kinder machen. Auch Freundinnen und Freunde von Betroffenen können die Beratungsstelle aufsuchen. Das läuft ganz einfach über die sogenannten offenen Sprechstunden, die in Eggenfelden sowie in den Außenstellen in Pfarrkirchen und Simbach am Inn angeboten werden. Auch per Chat können sich Jugendliche beraten lassen.
Neben Jugendsuchtberater Bastian Costachel-Baksa stehen auch Kolleginnen des Fachteams zur Verfügung, wenn eine Frau gewünscht ist. "Ganz wichtig ist uns, dass die Jugendlichen wissen: Bei uns wird niemand aufgrund seines Konsums verurteilt. Wir begegnen jedem jungen Menschen mit Wertschätzung", sagt Bastian Costachel-Baksa. So ließen sich dann auch leichter persönliche und familiäre Themen bearbeiten. "Wir möchten junge Leute stärken, so dass sie hoffentlich bald von sich aus erkennen: Ich brauche keine Suchtmittel, um ich selbst zu sein. Oder ich kenne zumindest meine Grenze."
Weitere Infos unter:
www.beratungsstelle-rottal-inn.de/junge-leute
Text: Dr. Joachim Weiß, Leiter der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern in Rottal-Inn