Dr. Hermann Scheuerer-Englisch in den Ruhestand verabschiedet - Regensburg
Die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern Regensburg verabschiedet Dr. Hermann Scheuerer-Englisch in den Ruhestand: 24 Jahre lang leitete er die Einrichtung. Rund 3.000 Familien hat er in dieser Zeit beraten, unterstützt und begleitet. Zudem war er in zahlreichen Verbänden aktiv, um sich auf politischer Ebene für eine Stärkung der Beratungsstellen einzusetzen. Rund 80 Gäste waren zu seiner Verabschiedung in die Galerie St. Klara gekommen.
Ein Interview mit Dr. Hermann Scheuerer-Englisch, in dem er auf 24 Jahre im Dienst der Familien und die kleinen Wunder des Alltags zurückblickt, finden Sie hier.
„Als langjähriger Leiter hat Dr. Hermann Scheuerer-Englisch entscheidend zur herausragenden Qualität aller Beratungsstellen der KJF beigetragen. Mit seinem fundierten Fachwissen er hat sich bayern- und bundesweit einen Namen als ausgewiesener Experte gemacht und sich in zahlreichen Gremien und Arbeitsgruppen ehrenamtlich für die Belange von Familien in schwierigen Situationen eingesetzt – dafür gebührt ihm unser aufrichtiger Dank. Wir wünschen ihm für seinen wohlverdienten Ruhestand alles erdenklich Gute und viel Zeit mit seiner Familie“, so würdigte KJF-Direktor Michael Eibl den scheidenden Leiter in seiner Laudatio. „Mit Dr. Simon Meier ist es uns gelungen, einen Nachfolger zu finden, der die erstklassige Arbeit, die in unserer Beratungsstelle geleistet wird, nahtlos fortsetzen wird.“
Auch Domkapitular Michael Dreßel, der Vorsitzende der KJF, bedankte sich bei Dr. Hermann Scheuerer-Englisch für dessen Einsatz zum Wohle der Familien: „Dr. Scheurer-Englisch ist ein fachlich hoch kompetenter und gleichzeitig geerdeter Mann, der mit beiden Beinen in der Praxis steht. In dieser Verbindung hat er über viele Jahre hinweg segensreich in der KJF gewirkt. Dafür danke ich ihm im Namen der KJF und im Namen der Kinder und Familien sehr herzlich und wünsche ihm für die Zukunft vor allem Gesundheit und Gottes Segen.“
Agnes Mehl, die stellvertretende Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Erziehungsberatung Bayern, würdigte die zahlreichen Verdienste, die sich Dr. Hermann Scheuerer-Englisch um die Erziehungsberatung erworben hat: „Im Namen der LAG sagen wir Danke für sein großes Engagement – zehn Jahre als unser Vorsitzender, davor und danach als stellvertretender Vorsitzender. „Seine wissenschaftliche Kompetenz hat in besonderer Weise in die Beratungsarbeit eingebracht und viele Beraterinnen und Berater sowie Therapeutinnen und Therapeut bereicherte er mit seinen Vorträgen und Fortbildungen. Wir kennen ihn als Menschenfreund, als geschätzten Kollegen und Freund und sagen Lebe wohl und zum Glück auch auf Wiedersehen.“
Respekt und Dank für die verantwortungsvolle und herausfordernde Tätigkeit
Landrätin Tanja Schweiger hob ihn ihrem Grußwort die Bedeutung der Beratungsstelle für die Familien im Landkreis Regensburg hervor: „Die Erziehungsberatungsstelle der KJF bietet ein großartiges Beratungs- und Unterstützungsangebot für Kinder, Jugendliche und Familien in allen Lebenslagen und ist Anlaufstelle für viele Ratsuchende aus dem Landkreis, die sich vertrauensvoll dorthin wenden können und professionelle Hilfe erfahren. Durch Dr. Scheuerer-Englischs hohes Maß an Fachkompetenz, außergewöhnliches Engagement und pragmatisches Handeln war die Zusammenarbeit zwischen dem Kreisjugendamt und der Erziehungsberatungsstelle immer hervorragend und von vertrauensvollem Miteinander geprägt. Die Qualität der Erziehungsberatung wurde unter der Leitung von Dr. Scheuerer-Englisch stets weiterentwickelt. Auch der Jugendhilfeausschuss des Landkreises konnte von seinem Wissen stets profitieren. Im Namen des Landkreises und ganz persönlich spreche ich ihm großen Respekt und Dank für die verantwortungsvolle und herausfordernde Tätigkeit sowie für das sehr angenehme Miteinander all die Jahre aus.“
Dank und Anerkennung brachte auch Regensburgs Sozialbürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein zum Ausdruck: „Dr. Scheuerer-Englisch ist ein unglaublich versierter, bundesweit bekannter Fachmann und hat sich immer für die Belange der Familien eingesetzt – als Berater sowohl für Tausende von Familien als auch für die Politik, in Gremien und für die Öffentlichkeit. Er hat immer die richtigen Worte gefunden, um die Situation und die Herausforderungen für Familien differenziert und gleichzeitig verständlich zu beschreiben. Geleitet wurde er dabei stets von seiner Verwurzelung in der Forschung, insbesondere der Bindungsforschung, genauso aber von seiner großen Empathie und Herzlichkeit. Die Stadt Regensburg bedankt sich für die langen Jahre verlässlicher und von gegenseitigem Vertrauen geprägter Zusammenarbeit, die sehr viele Früchte getragen hat. Wir wünschen vor allem Gesundheit, aber auch viele neue Wege für den neuen Lebensabschnitt.“
Neben seinen Tätigkeiten als Leiter der Beratungsstelle und im Vorstand der LAG Erziehungsberatung Bayern war er als Delegierter der Psychotherapeutenkammer Bayern in der ersten Legislaturperiode aktiv und intensiv im Vorstand der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung mit. Zudem war er Lehrbeauftragter der Universität Regensburg im Bereich Familie und Gesundheit. „Auf politischer Ebene habe ich 20 Jahre für mehr Stellen in der Beratung und die Berücksichtigung der Erziehungsberatung in der Jugendhilfelandschaft gekämpft“, so Dr. Scheuerer-Englisch. „Es war dann schon ein Erfolg, dass wir 2018 in Bayern eine Förderung für eine zusätzliche Fachkraft pro Beratungsstelle für die Aufsuchende Beratung bekommen haben.“ Bereits 2004 ist die Beratungsstelle in die Online-Beratung eingestiegen. Dieses Wissen kam ihr dann während der Corona-Pandemie zugute. Inzwischen können die Ratsuchenden auch die Möglichkeiten einer Telefon- Mail-, Chat- oder Videoberatung nutzen. Gemeinsam mit der Buchhandlung Dombrowsky, der Volkshochschule Regensburg, den Regensburger Eltern und Montessori organisierte Dr. Scheuerer-Englisch 2010 die jährliche Vortragsreihe „Den Kindern ein Nest – gebt den Kindern Flügel“, um in der Stadt Regensburg ermutigende Impulse für Eltern und Familien und die Erziehung zu setzen. Mit Unterstützung der Jugendämter und Stadt und Landkreis und der KJF entstanden drei Außenstellen in Schierling, Nittendorf und Hemau. Außerdem wurde eine Familiensprechstunde für krebskranke Eltern mit Kindern in der Caritasklinik St. Joseph eingeführt.
Im Rahmen der LAG Erziehungsberatung ist es gelungen, eine bundesweite Evaluation zur Wirksamkeit der Erziehungsberatung zu etablieren und durchzuführen. Unter dem Namen „Wir.EB“ hat das Institut für Kinder- und Jugendhilfe Mainz inzwischen über 15.000 Erziehungsberatungen untersucht und eine enorm hohe Wirksamkeit der Beratung festgestellt. „Auch unsere Beratungsstelle hat sich beteiligt, mit sehr guten Ergebnissen“, so Dr. Scheuerer-Englisch.
Ab 2004 war Dr. Scheuerer-Englisch auch fachlicher Sprecher aller zehn Beratungsstellen der KJF. Dafür dankte ihm Franz Klarner, Leiter der Beratungsstelle Schwandorf: „Durch deine ausgeprägte Ruhe, dein großes Wissen und deine ansteckende Leidenschaft warst du immer ein verlässlicher Partner auf dem gemeinsamen Weg. Du hast den guten Stand der Erziehungsberatung in Bayern mitgestaltet.“ Die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle hatten für Dr. Scheuerer-Englisch einen großen Walk-of-Fame-Stern und ein Geschenk, das auf einer Ski-Bindung montiert war vorbereitet – in Anlehnung an sein überregionales Engagement und seine Leidenschaft für die Bindungsforschung: „Danke, dass du ein so hervorragender Chef warst. Es ist dir immer gelungen, deinem Team Sicherheit und Wertschätzung zu geben. Dabei hattest du immer ein offenes Ohr und konntest die Wissen lebendig und verständlich weitergeben“, so die einhellige Meinung aller Kolleginnen.
„Das Vertrauen der Menschen ist ein Geschenk und ein Wunder“
Sein Promotionsthema – die Bindungstheorie – entwickelte sich zu einer Herzensangelegenheit für Dr. Scheuerer-Englisch: „Hier war eine praktische und verständliche Theorie, die überraschend einfach erklärte, dass wir Menschen von Geburt an stabile, tröstende, beschützende Bezugspersonen brauchen, die unsere Gefühle und Bedürfnisse erkennen und uns Resonanz und Antwort geben. Dadurch werden wir schon als Kinder in die Lage versetzt, uns zu spüren, die eigenen Gefühle und die anderer zu achten, die Welt mutig zu erkunden, uns Herausforderungen zu stellen, Kompromisse mit anderen zu bilden und uns als liebenswerte Menschen zu empfinden.“ Unter anderem entwickelte er ein Bindungsinterview für die späte Kindheit, das sich hervorragend für die Erziehungsberatungsarbeit eignet. Allgemein legte er großen Wert darauf, die Beratungsstelle immer an den aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten, um den Klientinnen und Klienten optimale Unterstützung zu bieten. „Das Vertrauen der Menschen, die zu uns kommen, ist ein riesiges Geschenk und ein Wunder – und dieses Vertrauensverhältnis darf man nicht enttäuschen. Dafür müssen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut ausgebildet sein“, so Scheuerer-Englisch. „Wenn man es gemeinsam schafft, die Dinge zum Guten zu wenden und Blockaden zu lösen, ist das ein wunderbares Gefühl.“
Künftig wird Dr. Simon Meier diese wertvolle Aufgabe übernehmen und als Leiter für die Beratungsstelle verantwortlich sein. Er war seit 2007 im Psychologischen Dienst der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Bezirksklinikum der Oberpfalz in Regensburg im ambulanten, teil- sowie vollstationären Bereich tätig. Dort war er auch in zahlreiche Forschungs- und Lehrprojekte eingebunden. Mit Dr. Scheuerer-Englisch verbindet ihn die Begeisterung für Bindungsforschung und das Engagement für Kinder und Familien. Er will in seiner Arbeit den Schwerpunkt auf den Brückenschlag zwischen der klinischen Versorgung und dem niederschwelligen Angebot der Beratungsstelle legen: „Durch eine frühzeitige Erziehungsberatung können wir präventiv viel für die Klientinnen und Klienten erreichen. So lassen sich viele klinisch manifeste Störungen später nur noch eingrenzen. Wenn wir zwei Schritte vorher ansetzen, haben wir große Chancen, die Menschen gesund zu halten.“
Text und Interview: Sebastian Schmid